Von Sandwichs, Burgern und Bären

Veröffentlicht am: 10. Juni 2021

Bildquelle: pexels-alem-sánchez

Die Idee für diesen Blogbeitrag wurde ausgelöst durch folgende Frage eines Kunden: „Was hältst Du eigentlich von diesen Sandwich- oder Burger-Ansätzen in Feedback Gesprächen?“

Die Idee dabei ist, kritisches Feedback – sprich der Belag auf dem Sandwich oder die Bulette auf dem Burger – in zwei Toastscheiben oder Burger-Bun-Hälften in Form von zwei positiven Feedbacks einzupacken. Ich kann mich selbst als Teilnehmer an viele Seminare erinnern, in denen diese Vorgehensweise als besonders pfiffig und zielführend angepriesen wurde.

Bei genauerer Betrachtung dieser Sandwich- und Burger-Analogien finde ich es lustig, dass positives Feedback in diesen Analogien durch trockene und eher geschmacklose Toastscheiben bzw. Burger-Bun-Hälften symbolisiert wird. Und das leckere Sandwich- bzw. Burger-Innere stellvertretend für das kritische Feedback steht.

Doch zurück zur Grundidee, die hinter den Fastfood-Bildern steht. Die Überlegung ist, dass Menschen offener für Kritisches sind, wenn sie vorher was Positives gehört haben. Fällt man jetzt direkt mit der Tür des kritischen Feedbacks ins Haus, ist die Befürchtung, dass der/die Feedbacknehmer*in direkt zu macht und die wertvollen Impulse zur Optimierung von Verhalten und Zusammenarbeit gar nicht beim Adressaten ankommen. Zu einem versöhnlichen Abschluss und einer positiven Erinnerung an das Gespräch soll das positive Feedback nach dem kritischen Feedback verhelfen. Soweit die Theorie.

Jetzt zur Praxis: Erst einmal ist es eine gute Idee, sich darum zu sorgen, dass kritisches wie positives Feedback beim Adressaten ankommen sowie verstanden und beherzigt werden. Die Frage, die ich mir schon immer gestellt habe und jetzt nochmal besonders durch die Frage meines Kunden aufgekommen ist, lautet: „Wie authentisch ist das, wenn einem kritischen Feedback immer ein positives vorweg gestellt wird? Und riecht der Feedbacknehmer den Braten nicht? Spätestens, wenn sie/er von Sandwich- und Burger-Vorgehensweise erfahren? Ja, wird nicht vielleicht sogar das vorweg gestellte positive Feedback gerade deswegen gar nicht gehört, weil man direkt danach schon mit dem in Toast verpackten Hammer rechnet?“

Ich denke, ob die Sandwichmethode verfängt oder ins Leere läuft, hängt stark von der inneren Haltung der Führungskraft ab. Werden nur zwei Toastscheiben in Form von positivem Feedback rausgewürgt, weil es eben zum Rezept gehört und nicht, weil man Freude daran hat, die positiven Aspekte mit dem Mitarbeitenden zu teilen, dann wird es die Gesprächspartner*in auch merken. Und dann kann man es sich auch sparen. Denn Menschen haben sehr feine Sensoren für alle verbalen und non-verbalen Signale. Und die wenigsten Menschen werden sich durch mechanisch zubereitete Feedback-Rezepte täuschen lassen. Wahrscheinlicher ist eher, dass das Vertrauen des Mitarbeitenden in die Führungskraft leidet und dass die Beziehung geschwächt wird.

Doch wie jetzt rauskommen aus der Burgerfalle?

Das habe ich mich lange gefragt. Und die Antwort ist ganz einfach. Sie heißt KOALA und ich habe diesen Feedback-Bären, den man übrigens auch für Konfliktgespräche oder alle möglichen anderen Gesprächsanlässe einsetzten kann, durch meine Trainerkollegin Bettina Kappe kennengelernt. Wenn ich jetzt in wenigen Zeilen die einzelnen Buchstaben, die für entsprechende Gesprächsphasen stehen, durchgehe, werden viele sagen: „Ja, das habe ich doch eh schon (intuitiv) immer so gemacht!“

Und das denke ich auch. Viele Führungskräfte und Teammitglieder, die ich kennengelernt habe, beherzigen mit großem Erfolg diese KOALA Phasen. Mir gefällt am KOALA, dass er sich wunderbar einfach merken lässt und alles für eine verbundene, zielführende und lösungsorientierte Gesprächsführung drin ist. Natürlich nur, wenn die innere Haltung des Gesprächsführers auf Verbundenheit sowie Lösungs- und Zielorientierung ausgerichtet ist. Schon wieder das Thema „Innere Haltung“. Wichtiges und großes Thema, das einen eigenen Blogbeitrag verdient hat und bekommen wird 😊

Für welche Phasen die fünf Buchstaben von KOALA stehen und was in den Phasen stattfindet, zeigt folgendes Bild:

Zurück zu unserem Feedback Thema. Was soll kritisches Feedback bewirken? Eine Veränderung!

Und wann sind Menschen veränderungsbereit? Karsten Dusse bringt es in seinem Buch „Achtsam Morden“ wunderbar auf den Punkt: „Wenn Menschen sich wohl fühlen!“

Und wann fühlen wir uns wohl? Wenn unsere psychologischen Bedürfnisse erfüllt sind. Das SCARF (englisch Schal) Modell von David Rock benennt folgende fünf zentralen psychologischen Bedürfnisse: STATUS sprich Gesehen-werden, CERTAINTY (Sicherheit, Planbarkeit), AUTONOMY (Selbstbestimmung), RELATEDNESS (Verbundenheit) und FAIRNESS (Gerechtigkeit, Gleichbehandlung).

Wenn wir uns jetzt die Gesprächsschritte nach KOALA anschauen, werden wir ganz viele Möglichkeiten finden, um die psychologischen Bedürfnisse des Feedbacknehmers zu erfüllen, damit ihr/sein Wohlgefühl und damit schlussendlich auch ihre Veränderungsbereitschaft sicher zu stellen. Sprich ihre Bereitschaft kritisches Feedback anzunehmen und nach konstruktiven Lösungen für eine Veränderung zu suchen.

Indem ich in der Kontaktphase mit persönlichen Themen starte und z.B. ein Getränk anbiete, erfülle ich die Bedürfnisse nach Status und Relatedness meines Gegenübers. Indem ich in der Orientierungsphase erläutere, wie ich mir den Ablauf des Gesprächs vorstelle, zahle ich auf das Bedürfnis nach Certainty (Orientierung) ein. Hat mein Gegenüber die Möglichkeit, seinerseits Ideen zum Gesprächsablauf oder zu Gesprächsregeln einzubringen, wird sein/ihr Bedürfnis nach Autonomy erfüllt. Fairness im Sinne von Gleichbehandlung und Gerechtigkeit bekommen Raum in den KOALA Schritten Analyse (alle Gesprächspartner werden gehört) sowie der gemeinsamen Lösungssuche nach klaren Kriterien und der gemeinsamen Vereinbarung von Folgemaßnahmen.

Und so habe ich eine offene und konstruktive Gesprächsatmosphäre geschaffen, ganz ohne die Verwendung von ballaststofffreiem positivem Feedback zu Gesprächsbeginn und -ende. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht? Für mich fühlt sich das auf jeden Fall deutlich natürlicher und weniger konstruiert an.

Was mindestens genauso wichtig ist, wie den Gesprächsablauf nach KOALA zu gestalten, ist eine gute Vorbereitung. Wer sich auf Feedbackgespräche nicht vorbereitet, droht wichtige Aspekte zu vergessen. Oder die Flughöhe im Gespräch zu verlieren, vom Stöckchen aufs Steinchen zu kommen, und nicht mit den gewünschten Ergebnissen aus dem Gespräch herauszugehen. Gute Vorbereitung ist auch eine Form von Wertschätzung gegenüber dem Feedbacknehmer und zahlt über das Status-Bedürfnis (gesehen- / ernst-genommen werden) in das psychologische Wohlbefinden des Feedbacknehmers ein.

Ich persönlich praktiziere hier eine pragmatische Vorbereitung in vier Schritten:

  1. Was ist meine Zielsetzung für das Gespräch?
  2. Welchen Standpunkt, welche Haltung, welche Sichtweise hat mein Gegenüber (Perspektivwechsel)?
  3. Was sind meine Kernbotschaften für das Gespräch?
  4. Welche Risiken gibt es, die ein konstruktives Gespräch verhindern/erschweren könnten? Und welche Gegenmaßnahmen kann ich ergreifen, um das Eintreten dieser Risiken zu verhindern?

Herzlichen Dank an der Stelle für dieses pragmatische und wirkungsvolle Vorbereitungsschema an meinen ehemaligen Beratungskollegen Wolfgang Wanning! Es hat bei mir sage und schreibe 7 Monate gebraucht, bis es mir in Fleisch und Blut übergegangen ist, meine Vorbereitung für Meetings, Workshops und Trainings nach diesem Schema zu machen. So viel zum Thema „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“. Es braucht eben zusätzlich zur Erkenntnis doch auch immer noch üben, üben, üben und nochmal üben, um neue Gewohnheiten zu etablieren.

Ganz wichtig ist, diese Vorbereitung schriftlich zu machen. Einfach im Kopf durchgeführt, geht vieles verloren oder wird erst gar nicht bedacht. Unser Gehirn ist nicht dafür gemacht, so eine Vorbereitung rein im Kopf zu machen und freut sich über den Support der Schreibunterstützung.

Noch ein letzter Tipp, damit kritisches Feedback beim Gegenüber auch zu Veränderungen führen kann. Der Feedbacknehmer muss die Kritik klar und deutlich hören können. Im letzten Blogbeitrag ging es um den Mut, den Führungskräfte brauchen, um hilfreiches Feedback zu geben. In der Tat kommt es immer wieder vor, dass Führungskräfte im Feedbackgespräch der Mut verlässt und sie aus Sorge, ihr Gegenüber zu verletzten, die kritischen Punkte so lange relativieren und weichspülen, bis selbst der kritikfähigste Mitarbeiter die Aufforderung zur Verhaltensänderung nicht mehr aus dem Gehörten herausfiltern kann. Bei Feedback-Rollenspielen im Training berichten Gesprächsbeobachter regelmäßig, dass sie bei dem Gespräch jetzt etwas erlebt hätten, wozu sie auch neigen würden. Und zwar aus falsch verstandener Höflichkeit und Behutsamkeit Kritik so vorsichtig zu formulieren, dass sie beim besten Willen niemand als Kritik hören könnte. Eine sehr heilsame Erfahrung.

Also: Flughöhe behalten und Kritik deutlich und klar verständlich formulieren. Sich zur Sicherheit vom Gegenüber das Gehörte nochmal in eigenen Worten wiederholen lassen.

Wer Akronyme mag, könnte sich jetzt ein nicht so possierliches Tierchen wie den Koala überlegen, um mögliche Negativbeispiele für ein Feedbackgespräch zu verdeutlichen, das viele psychologische Bedürfnisse verletzt. Zum Beispiel die KOBRA:

Welche SCARF-Bedürfnisse sind hier in welcher KOBRA Phase verletzt? Vielleicht fühlt es sich nicht so bedrohlich an, wie der Anblick einer Giftschlange. Doch von veränderungsbegünstigendem Wohlfühlen wird es meilenweit entfernt sein!

FAZIT: Die Schlüssel zu wirkungsvollem Feedback sind Authentizität, die richtige innere Haltung und der Wunsch, sein Gegenüber bei seiner/ihrer Entwicklung zu unterstützen.