Hätte mich im Januar 2020 jemand gefragt, ob ich mir vorstellen könne, Trainings, Workshops und Coachings über Videokonferenzen zu machen, hätte ich mit einem klaren NEIN geantwortet. Oder in Langform: Kann ich nicht, will ich nicht, mache ich nicht.
Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt bereits einige wenige Erfahrungen mit Videokonferenzen in Einzel-Coachings und bei Teammeetings gemacht. Die Erlebnisse hatten bei mir nicht die Lust auf mehr ausgelöst. Und ich hatte keinerlei Ambitionen etwas daran zu ändern.
Jetzt 24 Monate und einige Lockdowns später sind Videokonferenzen aus meiner Arbeit nicht mehr wegzudenken. Inzwischen habe ich gelernt Trainings, Workshops, Vorträge und Coaching über Videokonferenzen durchzuführen. Und das nicht nur als Notlösung bis wieder alles in Präsenz möglich sein wird, sondern mit großer Freude und Motivation und mit sehr guten Ergebnissen. Und das sehe nicht nur ich so, sondern auch meine Teilnehmer*innen.
Doch was war April 2020 plötzlich soviel anders als noch im Januar. Warum war ich da plötzlich bereit, mich auf die Digitalisierung meiner Arbeit einzulassen und mich mit Energie und Neugier in dieses Abenteuer zu stürzen.
Die Antwort ist einfach: Es war alternativlos und ich musste!
Die Krise hat mir also ein Lernfeld eröffnet, dass ich sonst nicht betreten hätte. Ja so sogar aktiv vermieden hätte.
Doch warum?
Hier fallen mir spontan zwei Gründe ein. Erstens war ich nicht vertraut mit den wichtigsten Funktionalitäten von Videokonferenzplattformen und ich verfügte nicht über das technische Equipment wie manierliche Webcam und Licht, um es gut werden zu lassen. Und zweitens standen mir meine Glaubenssätze im Weg.
Was ich an meiner Arbeit besonders liebe, ist mit Menschen in einen offen und neugierigen Austausch zu kommen, bei dem jede*r bereit ist, sich auch mit seiner Verletzlichkeit und seiner Unperfektheit zu zeigen. Denn dann wird der Raum geöffnet, um neue Methoden, Modelle und Tools nicht nur wie in der Schule auswendig zu lernen, sondern im tiefsten Inneren zu neuen Erkenntnissen zu kommen und seine innere Haltung weiterzuentwickeln. Sei es als Expert*in, Projektleiter*in, Führungskraft oder Unternehmer*in.
Ich konnte mir noch im Januar 2020 beim besten Willen nicht vorstellen, wie dies im digitalen Raum möglich sein soll. Und ich wurde eines Besseren belehrt.
Erst fiel die Bastion der Trainings. Dann habe ich meine ersten Workshops über webex, Teams & Co gemacht – gerade der Transfer von Design Thinking Workshops in den digitalen Raum war nochmal eine echte Herausforderung – und zuallerletzt habe ich gelernt, dass auch Einzelcoachings über Videokonferenz richtig gut sein können. Dies wäre ohne den Einsatz von Whiteboard Lösungen wie Miro oder Mural natürlich nicht möglich gewesen.
Am Anfang war meine Auseinandersetzung mit den digitalen Kollaborationstools noch durch die Notwendigkeit getrieben. Doch motiviert durch die bisherigen digitalen Erfolgserlebnisse habe ich richtig gemerkt, wie mich bei meinem ersten Design Thinking Workshop der Ehrgeiz gepackt hat, auch dieses von kreativem Basteln, Malen und ganz generell greifbar Machen von neuen Ideen in den digitalen Raum zu übertragen. Und als ich nach dem ersten Workshop noch nicht so richtig zufrieden war, habe ich mich gefragt, was ich besser machen kann, anstatt das digitale Experiment abzubrechen.
Es hatte bei mir ein Mindset Change stattgefunden. Hatte ich bis dahin eher sorgenvoll gedacht „Hoffentlich klappt das auch Online.“ so war mein Denken jetzt eher bestimmt durch Neugier und Entdeckergeist, der sich in Gedanken wie „Was muss ich machen, damit der Workshop digital richtig gut wird.“ manifestierte.
Als letztes habe ich mich an die Einzelcoachings rangetraut. Und als ich gedanklich schon dabei war, Wege zu finden, das Coaching doch in Präsenz stattfinden zu lassen, habe ich mir gesagt: „Nix da, Oliver. Du probierst das jetzt erst recht digital aus.“
Und siehe da, auch Einzelcoaching geht super über Videokonferenz.
Insgesamt finde ich es spannend zu beobachten, wie mein „kann ich mir nicht vorstellen“ mir neue und gute Wege verbauen oder zumindest erschweren kann. Und wie anders dann doch die Erfahrungen beim Ausprobieren sein können. Es zeigt, wie richtig und wahr der Satz „Probieren geht über Studieren“ ist.
Diese Erfahrungen haben mich dazu ermutigt, jetzt noch mehr als in der Vergangenheit eine Kultur des Ausprobierens für mich zu leben. Und gerade dann wenn ich irrationale Widerstände merke, etwas auszuprobieren, diese behutsam zu überwinden und neue Erfahrungen zu machen. So habe ich z.B. mal als Speaker bei einer Online Konferenz mit integriertem Digitalprodukte-Verkauf teilgenommen, um dann festzustellen, dass ich dies erst einmal nicht nochmal machen möchte.
Und was möchtest Du mal (wieder) ausprobieren? Und welche Gedanken halten Dich derzeit noch davon ab?
Und welche Erfahrungen hast Du mit „vorstellen“ und „ausprobieren“ in der Vergangenheit gemacht?
Und vielleicht ist der nächste wichtige Schritt ja, generell mal wieder auf neue verrückte Ideen zu kommen, das Ausprobieren auszuprobieren und den Erfahrungsraum zu weiten. Dann kann es gut und hilfreich sein, mit kleinen Sachen anzufangen. Mit der anderen Hand die Zähne putzen, mal wieder ein neues und ungewohntes Gericht ausprobieren, einen anderen Weg oder ein anderes Verkehrsmittel zur Arbeit nehmen oder ähnliches.
PS: Natürlich mache ich weiterhin sehr gerne Trainings, Workshops und Coachings in Präsenz. Und ich bin sehr dankbar, dass ich in allen Lockdown-Phasen immer noch die ein oder andere Präsenzveranstaltung hatte. Und ich genieße es sehr, mit den neu dazu gewonnen Online Möglichkeiten jetzt noch mehr schauen zu können, wann Präsenz und wann Online am sinnvollsten für meine Kund*innen und mich ist.