Soft Skill Trainingscamp Homeoffice

Veröffentlicht am: 22. Februar 2021

Meine Top 3 Kommunikationstools gerade in Zeiten von Corona

Hieß es irgendwann mal, Gefühle haben bei der Arbeit nix zu suchen und die solle man besser zu Hause lassen, so haben sich die Gefühle durch das Corona-bedingte Homeoffice wie durch die Hintertüre wieder reingemogelt.

Lassen wir mal außen vor, dass man heute weiß, dass der Satz „Gefühle haben bei der Arbeit nix zu suchen!“ eh sehr fragwürdig ist. Und das nur ganze Menschen, die nicht um ihre Gefühle beschnitten sind, ganze Arbeit leisten und kreativ sein können. Doch das würde hier den Rahmen sprengen und wird daher in einem zukünftigen Post beleuchtet.

Ja, aber wie haben sich die Gefühle in die Arbeit reingemogelt? WIR SIND GERADE ZU HAUSE GLEICHZEITIG UND BEI DER ARBEIT. Vorbei die Zeiten, in den wir morgens auf dem Weg durch die Haustüre gerufen haben „Schatz, ich bin dann mal weg! Bis heute Abend. Kuss!“ und uns dann auf den Weg zur Arbeit gemacht haben. Räumlich und mental vom Home ins Office gewechselt haben.

Mit dem Zusammenrücken der beiden Wörter zum HomeOffice ist nicht nur der häufig lästige Weg zur Arbeit weggefallen, sondern auch der Ort, an dem wir uns (mehr oder weniger) ungestört auf unsere Arbeit konzentrieren können.

Der Weg zur Arbeit besteht jetzt im besten Falle darin, 20 Schritte vom Esstisch ins Bürozimmer zu gehen. Ganz nebenbei bemerkt: Bei diesen Distanzen seine täglichen 1.000 Schritte zu absolvieren, ist mehr als herausfordernd. Im schlechteren Falle beginnt nach dem Frühstück der morgentlich Verteilungskampf um die ruhigen und mit gutem WLAN-Empfang gesegneten Sitzplätze in der Wohnung. Die Konkurrenz ist je nachdem groß und unerbittlich – ebenfalls im Homeoffice arbeitende Partner*innen, Kinder im Homeschooling und im herausforderndsten Fall auch noch unter Sechsjährige, die bespielt werden wollen.

Da kann es leicht mal zu Konflikten kommen und Zeit werden, sich all seinen Trainings und Weiterbildungen zu Kommunikation, Konfliktmanagement, emotionaler Intelligenz, Verhandlungstechniken sowie Stress & Erholung zu besinnen. Oder falls diese Trainings bisher an einem vorüber gegangen sind, sich mit den einschlägigen Theorien, Modellen und Herangehensweisen auseinander zu setzen.

So oder so bietet diese Homeoffice Phase viele Möglichkeiten Neues zu lernen, Bekanntes zu erinnern und vor allem zu üben, zu üben und nochmal zu üben!

Meine persönlichen Top 3 Kommunikationsmodelle bzw. -tools sind:

  • Vier-Seiten-einer-Nachricht Modell von Friedemann Schulz von Thun,
  • Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg und
  • Zwiegespräche nach Michael Lukas Moeller.

Zwei Dinge vorweg:

Alle drei Modelle erfordern viel Mut! Mut hinzuschauen! Mut sich einzugestehen, dass das eigene Senden oder Empfangen von Nachrichten gelegentlich Bestandteile und persönliche Verfälschungen enthält, derer wir uns bisher nicht immer bewusst waren und die z.T. unserem eigenen Selbstbild zuwiderlaufen. Und die wir uns daher schwertun, vor uns selber oder anderen zu zugeben.

Und als zweites noch ein Ausspruch, der wunderbar die Fehlannahme der meisten Menschen zum Thema der menschlichen Kommunikation verdeutlicht. Er lautete wie folgt: Missverständnisse bei der Kommunikation sind die Regel nicht die Ausnahme. Es bedarf Aufwandes, um gegenseitiges Verstehen sicherzustellen und damit gelingende Kommunikation zu ermöglichen. Nur weil Menschen die gleiche Sprache sprechen, bedeutet es nicht, dass sie sich auch automatisch direkt richtig verstehen. Welche Verständnisprobleme es geben kann, zeigt sehr schön das Modell von Friedemann Schulz von Thun.

Quelle: stux auf pixabay

Friedemann Schulz von Thun sagt, dass jede Nachricht Botschaften auf vier Ebenen enthält: der Sachebene, der Ebene der Selbstoffenbarung, der Beziehungsebene und der Appellebene. Nehmen wir das Beispiel eines Paares, das am Frühstückstisch sitzt und Partner*in A sagt „Unser WLAN ist schlecht.“

Auf der Sachebene könnte Sender (Partner*in A) meinen, dass das WLAN instabil ist und man immer wieder bei Videokonferenzen rausfliegt und sich neu einwählen muss. Der Empfänger (Partner*in B) könnte verstehen, dass das WLAN langsam ist und man daher häufig lange auf das Laden von Internetseiten warten muss.

Auch auf der Ebene der Selbstoffenbarung können Sender und Empfänger ganz unterschiedliche Botschaften meinen bzw. hören. Z.B. könnte Sender A meinen „Ich habe gleich eine wichtige Videokonferenz und habe Angst, immer wieder raus zu fliegen“. Partner*in B könnte dagegen hören „Ich bin sauer wegen dem langsamen Internet!“

Die von A in der Nachricht enthaltene Beziehungsbotschaft könnte lauten: „So technische Sachen machen mich immer total unruhig und ich bewundere Deine Coolness, wenn mal was nicht perfekt funktioniert.“ B könnte dagegen zwischen den Zeilen hören: „Du hast mir schon vor einem Monat versprochen, das WLAN zu verbessern. Doch immer ist Dir etwas anderes wichtiger!“

Das in der Nachricht enthaltene Appell von A könnte z.B. sein: „Bitte nimm mich mal in den Arm und sagt mir, dass alles gut laufen wird.“ Das von B gehörte Appell könnte wie folgt aussehen: „Jetzt lass direkt alles stehen und liegen und mach das WLAN noch vor meiner Konferenz schneller!“

Wie kann man jetzt die vier Seiten einer Nachricht in eine angespannte Homeoffice Kommunikation mit reinnehmen? In Konfliktsituationen Blatt Papier nehmen, ein Viereck aufzeichnen und sich zu den vier Ebenen der Nachricht, die zum Konflikt geführt hat, austauschen. Und siehe da, ganz häufig liegt ein Missverständnis vor, das sich einfach auflösen lässt.

Kommen wir zum Modell der gewaltfreien Kommunikation. Mit Verlaub gesagt ein bescheuerter Name, da unser Gehirn das Wort „nicht“ oder hier in dem Fall den die Aussage ins Gegenteil wendenden Zusatz „-frei“ bei gewaltfrei nicht kennt bzw. versteht. So hören wir irgendwas von Gewalt und Kommunikation. Hat Marshall Rosenberg auch irgendwann gemerkt, doch da hatte sich der Begriff schon fest eingebürgert. Besser wäre von Erwachsenenkommunikation zu sprechen. Warum Erwachsenenkommunikation? Weil Erwachsene eigenverantwortlich sind und handeln und damit auch die Verantwortung für ihre Gefühle, Bedürfnisse und Bitten übernehmen. Und sich eben nicht um ihre Verantwortung drücken, in dem sie ihrem Gegenüber die Verantwortung für ihre Gefühle und die Erfüllung ihrer Bedürfnisse aufs Auge drücken.

Und so würde ein(e) Erwachsene(r) sagen:

„Als Du Dich gestern Vormittag an Deinem Konzept geschrieben hast, während ich eine zoom Konferenz hatte und die Kinder laut waren (wertfreie Situationsbeschreibung), habe ich Ärger (oder vielleicht auch Traurigkeit oder Ohnmacht) gespürt, weil meine Bedürfnisse nach Ruhe und Konzentration nicht erfüllt waren. (Und jetzt die Bitte, die direkt erfüllt werden kann) Kannst Du so nett sein und mir sagen, was Du gehört hast?“

Das Beispiel mag sich jetzt banal anhören, doch ich schlage dringend vor, es mal aus zu probieren. Alleine sich seiner Gefühle und Bedürfnisse bewusst zu werden, diese auszusprechen und zu hören, wie der andere sie wiederholt, kann wahre Wunder bewirken. Denn wir haben als Menschen ein großes Bedürfnis gesehen und wahrgenommen zu werden. Was in diesem Moment dann erfüllt wird! Und wir sind häufig auch sehr bereit, andere Menschen zu unterstützen, wenn diese sich mit ihrem Unterstützungsbedürfnis zeigen, ohne uns Vorwürfe zu machen und uns für ihre Bedürfnisbefriedigung verantwortlich zu machen.

Kommen wir zum letzten Tool: dem Zwiegespräch!

Das Setting ist denkbar einfach. Die Personen A und B nehmen sich 90 Minuten Zeit und setzen sich irgendwo hin, wo sie ungestört sind. Dann redet erst A für 15min von dem, was sie/ihn beschäftigt. Und dann redet B für 15min. Dann wieder A 15min und so weiter, bis jede(r) dreimal dran war und insgesamt 45 Minuten Redezeit hatte. Während der eine redet, hört der andere aufmerksam zu OHNE zu unterbrechen. Auch keine Verständnisfragen! Man kann sich ja aufschreiben, was einem unklar ist oder wozu man in der eigenen Redezeit Stellung beziehen möchte oder seine eigene Wahrnehmung oder Sichtweise einbringen möchte.

Alle drei Ansätze hören sich m.E. erst einmal sehr einfach an und das ist gut so. Wichtig ist sie aus zu probieren. Denn nur durch das Kennen von Theorien hat sich praktisch noch nie was geändert 😊 Und wenn es beim ersten oder zweiten oder dritten Mal noch nicht funktioniert, bitte davon nicht abschrecken oder frustrieren lassen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut und wer weiß, wie Kinder laufen lernen, der weiß auch, dass sie unzählige Male hinfallen, wieder aufstehen und es nochmal probieren. So lernen wir Menschen Neues!

Ich hoffe, der Text hat Sie inspiriert und Sie sind jetzt motiviert, das ein oder andere direkt mal auszuprobieren!

Wer mehr zum Thema Kommunikation (in Zeiten von Corona) erfahren möchte, den lade ich ganz herzliche zu meinem Online Vortrag am 26. Februar 2021 um 19:00 im Forum Blau des Kölner Stadt-Anzeigers ein (hier gehts zur Anmeldung)!

Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!

Oliver Kirchhof