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In diesem Blogbeitrag möchte ich gerne das Thema Konflikte beleuchten. Insbesondere warum Konflikte etwas ganz Normales sind und wie sie dazu genutzt werden können, um Beziehungen und damit die Zusammenarbeit zu stärken anstatt sie zu beschädigen.
Doch vorab ein wenig Definitionsarbeit, denn Konflikte können auf den unterschiedlichsten Ebenen entstehen:
- Ich kann mit mir selber im Unreinen und/oder im Streit sein.
- Ich kann einen zwischenmenschlichen Konflikt bzw. Beziehungskonflikt mit anderen Personen haben. Beziehung meint hier in diesem Kontext nicht nur die Paarbeziehung oder die Beziehungen zu Familie oder Freunden, sondern auch die Beziehungen, die zwischen Menschen im beruflichen Kontext bestehen wie z.B. zwischen Kolleg*innen oder zwischen Führungskraft und Teammitglied etc.
- Es kann Konflikte zu Zielen und Interessen geben. Z.B. fahren wir nach Paris oder nach Rom?
- Dann gibt es die Methodenkonflikte. Fahren wir mit dem Auto oder Zug nach Paris?
- Beim Verteilungskonflikt besteht Dissens, wer welche Ressourcen bekommt. Eine Person möchte nach Rom und die andere nach Paris. Doch wer kriegt dafür das einzige verfügbare Auto?
- Wenn die Strukturen unklar sind, ist nicht geregelt, wer die Kompetenz hat, die entsprechenden Entscheidungen zu Zielen, Interessen, Methoden oder Ressourcen zu treffen. Nach welchen Regeln sollen solche Entscheidungen getroffen werden?
- Im Falle des Beurteilungskonflikts sagt z.B. eine Person „Es ist doch alles Bestens und in Ordnung!“ und ein anderer sagt „Die Situation ist untragbar und es muss schnellstens etwas geändert werden!“. Beide nehmen die Situation ganz unterschiedlich war.
Spannend und teilweise auch anstrengend ist, wenn Beziehungskonflikte in andere Bereiche wie z.B. vermeintliche Uneinigkeit zu Zielen oder Methoden verlagert und dort ausagiert werden – anstatt sich direkt mit dem Beziehungsthema zu zeigen. Grund dafür kann der immer noch weit verbreitete Glaubenssatz sein „Gefühle und Emotionen haben bei der Arbeit nichts zu suchen!“. Das Problem ist jedoch, Beziehungskonflikte lassen sich nicht durch Stellvertreterkonflikte in andren Themenfeldern lösen und belasten somit die Freude an der Arbeit und die Produktivität.
An der Stelle kann es spannend sein, sich zu fragen, was man meint, wieviel Prozent der eigenen Konflikte im Arbeitskontext Beziehungskonflikte sind? 10%, 30%, 70%?
Ähnlich wie mit den Beziehungskonflikten verhält es sich mit den inneren Konflikten, die Menschen in der Beziehung zu sich selber haben. Diese lassen sich auch nicht durch die Verschiebung des Konflikts auf die Beziehungs-, Ziele-Ebene o.ä. lösen. Hilfreich ist hier – wie im Johari Fenster dargestellt – im ersten Schritt das Erkennen, Verstehen und Annehmen des eigenen inneren Konflikts.
Im Folgenden geht es hier jetzt um Beziehungskonflikte.
1) Warum sind Beziehungskonflikte so normal?
Weil wir uns häufig gar nicht bewusst sind über unsere Ziele, Bedürfnisse oder Emotionen, geschweige denn über die Ziele, Bedürfnisse oder Emotionen von anderen. Oder unsere Hypothesen zu den Zielen, Bedürfnissen oder Emotionen anderer nicht zutreffen? Wir reagieren dann aus Unkenntnis oder Unbewusstheit impulsiv aus dem Bauch heraus: Und schon ist der Konflikt da.
2) Warum sind Beziehungskonflikte so wichtig?
Weil wir uns unserer Ziele, Bedürfnisse oder Emotionen sowie den Zielen, Bedürfnissen oder Emotionen anderer bewusst werden und damit uns selber und andere besser kennenlernen und verstehen. Auf jeden Fall dann, wenn wir die Bestrebung haben, in einen konstruktiven Austausch mit uns selber und mit anderen zu gehen.
3) Warum ist es so wichtig, Beziehungskonflikte auszutragen, auszuhalten und nicht unter dem Teppich zu kehren?
Wenn der Konflikt konstruktiv und erfolgreich behandelt wurde, stärkt es die Beziehung. Wir haben dann die Erfahrung gemacht, dass unsere Beziehung Spannungen und Konflikte aushält und sich jede*r mit seinem/ihren Zielen, Bedürfnissen oder Emotionen zeigen kann. Schlussendlich sind alle bereit, einander zu verstehen und aufeinander einzugehen. Wenn wir Konflikte nicht austragen, werden wir diese Erfahrung nicht machen können.
Sind Konflikte nicht großartig 😊? Natürlich ist es nicht hilfreich, für jeden Murks und um jeden Preis Konflikte offen auszutragen. Aber bei Themen, die uns wirklich bewegen, definitiv.
Dies hat im weitesten Sinne auch sehr viel mit dem Leben einer hilfreichen Fehler-, Feedback- und Vertrauenskultur zu tun. Wichtig ist natürlich, dass Konflikte auf konstruktive Art und Weise angesprochen und bearbeitet werden. Sprich ohne zu verletzten, zu drohen oder Macht zu missbrauchen.
Dafür bedarf es vor allem drei Kompetenzen mit den entsprechenden unterstützenden Tools:
- Die Bereitschaft nach einer Option zu streben, die für beide/alle Beteiligten attraktiv ist und die echte Kooperation ermöglicht. Besonders anschaulich bringt diesen Gedanken das Thomas-Modell auf den Punkt (siehe Grafik).
- Eine gute Emotionsregulation, die es ermöglicht, Konflikte und die damit einhergehenden schwierigen Emotionen wie Ärger, Angst, Schmerz oder Traurigkeit auszuhalten – ohne zu explodieren, andere zu verletzen oder die unangenehmen Emotionen zu unterdrücken. Hierzu bietet Mindful Leadership viele hilfreiche Tools, Methoden und Übungen.
- Die Bereitschaft zum Austausch und eine Sprache, die es einem ermöglicht, über Emotionen und Bedürfnisse auf eine konstruktive sowie lösungs- und kooperationsorientierte Art und Weise zu reden. Hier haben sich das Harvard Konzept sowie die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg als sehr hilfreich erwiesen. Beide Ansätze werden auch mit großem Erfolg in Mediationen eingesetzt.
All diese Ansätze werden Thema zukünftiger Blogbeiträge sein. Falls Sie sich zu diesen Ansätzen schon jetzt direkt Impulse wünschen, freue ich mich über eine Mail von Ihnen.
Enden möchte ich gerne mit einem Zitat von Max Frisch:
“Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen”
Und jetzt wünsche ich Ihnen viel Mut, Erfolg und Freude beim Ausprobieren und sich in Konfliktsituationen mit Ihren Zielen, Emotionen und Bedürfnissen zu zeigen!